Ab in den Dschungel

Für uns hieß der nächste Stopp Puerto Maldonado. Dies ist eine überschaubare Stadt, ca. 500 km westlich von Cusco und im Länderdreieck Peru, Bolivien und Brasilien gelegen. Dort wollten wir uns erstmals auf unserer Reise in den Dschungel wagen. Die Vegetation und das Klima lernten wir schon gleich bei unserer Ankunft kennen. Von Cusco aus gibt es Flugzeuge, mit denen man in 50 Minuten Puerto Maldonado erreicht. Beim Landeanflug konnten wir uns schonmal ein Bild von der dichten Urwaldvegetation machen und kaum ausgestiegen schlug uns eine Hitze- und Feuchtigkeitswelle entgegen. Willkommen im Dschungel 🙂 .

60 % des Landes Perus ist mit der sogenannten „Selva“, dem Regen,- Wolken und Nebelwald bedeckt und wir starteten nun mit der Entdeckungsreise eines ganz kleines Teiles davon, nämlich entlang des „Rio Madre de Dios“ und „Rio Tambopata“. Wir hatten im Voraus eine „Jungellodge“ etwas außerhalb der Stadt Puerto Maldonado gebucht. Laut unserer Recherche hatte sie unglaublich beeindruckende Bewertungen, wir waren also gespannt. Um unser Resultat vorweg zunehmen, wir waren am Ende mehr als begeistert und deswegen gehen wir nun mal zuerst auf unser neues Zuhause der nächsten 10 Tage ein.

Wir wurden vom Besitzer Eduardo begrüßt, der sich sofort 2 Stunden Zeit nahm und uns in aller Ruhe seine Geschichte zur Entwicklung der Lodgen erklärte. Zudem bekamen wir eine Einführung in die Möglichkeiten der Erkundungen des Regenwaldes. Apropos Ruhe, dass war ein gutes Stichwort an dieser Stelle. Es war nämlich die ganze Zeit über so heiß und schwül, dass Eile oder manchmal sogar Bewegung schwer fielen. Daran gewöhnten wir uns aber schnell. Wir befanden uns von der Jahreszeit gerade im Übergang von der Regen- zur Trockenzeit. Das hieß die Temperaturen waren mit Anfang 30 °C laut Eduardo noch mäßig, zudem ging ab und an ein Wind, der die hohe Luftfeuchtigkeit für kurze Zeit vergessen ließ. In den Trockenmonaten steigt die Temperatur wohl bis zu 40 °C an, ohne abkühlenden Wind. Kaum vorstellbar, wie bei diesen klimatischen Bedingungen hier arbeiten möglich ist. Man muss es wohl wirklich gewohnt sein.
Eduardo hatte vor 7 Jahren angefangen, sein Grundstück 5 km außerhalb der Stadt zu nutzen, und nach und nach 3 Lodgen, wo bis zu 12 Personen Platz finden, sowie Küche und Aufenthaltsräume zu errichten. Er war mittlerweile pensioniert und sieht das nun als seine neue Passion. Und wir durften Eduardo zum Glück für eine ganze Weile kennen lernen und merkten, dass er dieses Projekt mit seinem vollen Herzen betreute. Und wir sind wirklich froh, Teil dieser schönen Geschichte zu sein. Liebevoll bekamen wir jeden morgen ein simples, aber abwechslungsreiches Frühstück beschert. Nicht weniger schmackhaft waren die guten und zudem preiswerten Abendessen, die auch eigens von ihm immer hergerichtet wurden. Aber wir wurden hier nicht nur kulinarisch verwöhnt. Eduardo kümmerte sich mit sämtlichem Rat um uns, so dass auch unsere Ausflüge in den Dschungel eine absolute Bereicherung waren.

Die erste Tour führte uns an den „Lago Sandoval“. Mit dem Boot ging es für uns morgens zu einer Lodge im Dschungel, von der aus wir eine kurze Wanderung zum See machten. Wir betraten also zum ersten mal die näheren Tiefen des Regenwaldes. Leider war die Tour etwas touristisch, was aber hin und wieder einfach unumgänglich ist. Aber alleine die Geräusche der Vögel, das krachen der Blätter von Bäumen oder das rascheln derselben am Boden, wenn doch ein Tier vorbeischlich, war beeindruckend und abwechslungsreich.

Wir sahen hunderte Jahre alte Bäume, die sich jedes Jahr um 5 cm der Sonne entgegen bewegen. Zudem sahen wir etliche riesige Ameisen und Schmetterlinge. Die Vegetation ist unglaublich vielfältig und wüst. Am Lago angekommen, nahmen wir dann ein Boot und kaum saßen wir drin, öffnete sich der Himmel und innerhalb von Sekunden waren wir komplett nass. Hier gibt es keinen „normalen“ Regen, hier gießt es in Strömen. Ein Gewitter begleitete uns dann also quer über den See. So wurde die touristische Tour doch noch zu einem Abenteuer. Am See entlang sahen wir Krokodile, die zum Teil nur mit den Augen aus dem Wasser schauten. Wir entdeckten viele äußerst bunte Vögel und eine riesige Affenfamilie, die über die wassernahe Vegetation raste. Wir waren also doch mitten im Dschungel 😉 .

Eine andere Tour führte uns in die Baumkronen. Wir buchten nämlich eine „Adventure Tour“. Hier ging es über Hängebrücken, 30 m hoch in den Bäumen befestigt, quer durch den Wald. Anschließend wurden wir an eine Zipline gehängt und flogen somit sogar quer durch den Regenwald. Zuletzt bekamen wir ein Kajak, um auch selber mal über den Fluss zu fahren. Wir paddelten also bis zu einer 2 km entfernten „Affeninsel“ und konnten dort die Affen aus 2 m Nähe beobachten. Auch diese Tour war ein Highlight und gab uns viele neue Eindrücke über die Bewohner des Dschungels.

Doch eines fehlte uns noch an Abenteuer. Wir wollten doch endlich einen Jaguar sehen. Und Schlangen, und das ganze am Besten bei Nacht 😉 . Dafür hatte Eduardo genau den richtigen Tipp. Einer seiner Nachbarn bietet eine Tour quer durch den Primär- und Sekundärwald an. Wir schipperten also mit seinem alten Boot über den Rio und sahen gleich viele Schildkröten, Krokodile und Robben. Anschließend ging es mit ihm zu Fuß 4 h lang durch die unterschiedlichen Wälder. Da er selber bis vor 10 Jahren noch mitten in der „Serva“ gelebt hat, hatte er ein unglaublich weitreichendes Wissen. Er kannte jede Pflanze, erklärte uns ihren Nutzen und sah genau, wo sich welches Tier vor uns versteckte. Zudem konnte er viele Tiergeräusche nachahmen, sodass uns die Vögel öfters antworteten. Mit ihm sahen wir die schönsten dort lebenden Papageien, Affen, eine riesige Tarantel, Faultiere und Vögel. UND! Einen Leopardenabdruck der letzten Nacht. Leider sahen wir nicht das ganze Tier, aber es wird uns wahrscheinlich beobachtet haben 😉 . Die Tour ging bis in die Nacht hinein und so hatten wir die Gelegenheit alle Geräusche und Tiere auch bei Nacht zu bestaunen. Diese Tour gefiel uns deutlich besser als die ersten beiden.

Der letzte Ausflug führte uns um 4 Uhr morgens zu einem See etwas außerhalb von Puerto Maldonado. Hier sollte die Anakonda zu Hause sein. Wir hielten uns also bereit. Nein Spaß 😉 . Die Anakonda lebt wohl in diesem See, aber selbst die Einheimischen haben sie erst 2 mal in ihrem Leben gesehen. Wir waren also da, um die Papageien, die in den dort stehenden Palmen leben, zu beobachten. Um 5 Uhr morgens verlassen diese nämlich ihr Nachtlager und fliegen zum Fluss, um nach Nahrung zu suchen. So bekamen wir also mit Sonnenaufgang ein buntes Treiben in der Luft geboten. Vögel und Papageien unterschiedlichster Farben und Größen flogen über unsere Köpfe hinweg. Anschließend nutzten wir die Gelegenheit, im See Piranhas zu angeln. Thomas war begeistert.

Unser Guide hatte ca. 5 kg Huhn dabei. Die Fische ließen nicht lange auf sich warten, kaum hing das Stück Fleisch im Wasser. Ein wildes knabbern und springen war zu beobachten. Wir bekamen also Beide eine Angel und ordentlich Huhn an den Haken und dann flogen die Angelrouten ins Wasser. Man muss beim fischen wirklich aufmerksam und schnell sein. Die Piranhas reißen das Fleisch so schnell vom Haken, dass es schwierig ist, sie an die Angel zu bekommen. Aber wir fingen insgesamt 6 Stück. Hanna brachte es auf 2 und Thomas fischte den Rest und zudem auch den Größten. Der Guide zeigte uns, bevor er die Fische wieder ins Wasser warf, die Zähne. Uns wunderte also nicht, warum das Fleisch immer so schnell abgeknabbert ist.
Die Tage, an denen wir nicht auf Tour gingen, verbrachten wir meistens lesend in der Lodge bei Eduardo. Dort trafen wir auch manch anderen Reisenden, durch die wir ein wenig Abwechslung bekamen. An einem Tag kamen sogar 60 Eingeborene in die Lodge, um Drohnen zu testen. Diese wollten Sie in Zukunft benutzen, um ihre Gebiete zu überwachen und sich so vor Eindringlingen der Mienenindustrie zu schützen. Wie an vielen Orten in Peru, werden auch die Flüsse rund um Puerto Maldonado genutzt, um illegal Gold zu gewinnen.

Mit Eduardo hatten wir unzählige humorvolle Gespräche. Er kannte sich über das ganze Weltgeschehen aus. So ging uns nie der Gesprächsstoff oder die Witze aus. Er gab sich wirklich Mühe und nahm sich ewig viel Zeit alles zu verstehen und zu erklären. Wir brachten eines Tages von der Tour eine Flasche Cachaca mit und so wurde von da an jeden Abend mit hauseigenen Limetten köstlicher Caipirinha zubereitet. Wir begeisterten Eduardo mit unserer Art scheinbar so sehr, dass er uns sogar während unserer Zeit zwei Nächte in seiner „Herzenslodge“, die für ihn etwas ganz besonderes war und auch deutlich besser ausgestattet war, schenkte 🙂 .
Am Samstag vor Muttertag wurde in Peru schonmal der Muttertag vor gefeiert. Eduardo und alle anderen Nachbarn organisierten zusammen einen Gottesdienst und eine Feier zu ehren aller Mütter der Umgebung. Wir wurden auch dazu eingeladen. Das ganze fand in einer Lodge unweit seiner statt. Die Lage am Fluss war wirklich ein Traum. So wurden wir Teil einer ganz persönlichen und den Peruanern sehr wichtigen Feier.

Wir fühlten uns wirklich rund um wohl im Dschungel. Einzig die ungewohnte Hitze und Luftfeuchtigkeit ließ uns wahrscheinlich die Wahl treffen, nach 10 Tagen doch wieder ins kühle Cusco zu reisen. Eduardo versprach uns, um sich auch immer an uns zu erinnern, sobald er eine weitere Lodge bauen würde, ihr unseren Namen zu geben. Alle seine Lodgen hatten Namen und eine Geschichte hinter ihr. Das wäre wirklich etwas sehr Besonderes 🙂 .
Wir ließen also Eduardo und seine wunderbare Welt wirklich nur schweren Herzens hinter uns. Als kleine Erinnerung schenkten wir Ihm ein Gästebuch, da er noch keines besaß und er so gerne sich die Bewertungen seiner Lodge im Internet durchlas. Für uns hieß es also wieder mal Abschied nehmen und wir hoffen auf ein Wiedersehen. So stiegen wir in den Flieger, der uns zurück in die Berge Cuscos brachte.

 

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