Die Fahrt von der Grenze bis ins ca. 600 km entfernte El Chaltén war wesentlich weniger abwechslungsreich als die gesamte bisher zurück gelegte Stecke. Und das liegt an den Weiten in Argentinien, der so genannten „Pampa“. Wir fuhren erst einmal in die der Grenze am nächsten gelegene Stadt, Baja Caracoles. Dort sollte es Benzin geben, hatten wir zumindest öfters schon gehört. Benzin in Argentinien zu bekommen, ist aber nicht immer so selbstverständlich. Das liegt wahrscheinlich an den großen Distanzen zwischen den Städten. Jedenfalls kamen wir an der Tankstelle an, die aber eher eine Bar mit zwei Zapfsäulen vor der Tür war. Wir trafen zwei Holländer, die auch auf Benzin warteten und stellten fest, dass es schon seid 2 Tagen hier kein Benzin mehr gegeben hatte. Es ist tatsächlich nicht so, dass es hier überall Tankstellen gibt – man muss direkt danach suchen. Für jemanden aus Mitteleuropa schwer vorstellbar. Hanna ging also zum „Barkeeper“ und fragte nach dem Verbleib des Kraftstoffs. Der Barkeeper hätte Hanna lieber einen Drink ausgegeben, als eine genaue Aussage zum Benzin zu machen. Nachmittags meinte er, vielleicht auch abends. Darauf wollten wir nicht warten. Also rechneten wir schnell die Km bis zur nächsten Stadt hoch und stellten fest, dass wir das auch noch schaffen würden. Und zur Not haben wir ja immer noch die 40 L Ersatzbenzin auf dem Dach liegen 😉 .
So ging es nun durch die Pampa. Das Gute war, dass in Argentinien fast alle Straßen asphaltiert waren. So kommt man relativ schnell voran, außer wenn man Gegenwind hat, der hier sehr stark sein kann. Der Wind in Patagonien ist nicht mit unserem zu Hause vergleichbar. Dieser würde hier als äußerst leichte Brise definiert werden, hier kann man sich kaum auf den Beinen halten wenn eine Böe kommt. Nach 2 h Fahrt kommen wir dann in der nächsten Stadt Gregores Gobernador an, tankten, kauften ein und versuchten Geld aus den Automaten zu bekommen. Doch Bargeld ist in Argentinien auch rar und zudem muss man ca. 10 % Gebühr fürs Abheben bezahlen. So verzichteten wir darauf und zahlten ab jetzt mit Kreditkarte oder Dollar. Die Nacht verbrachten wir am Lago Cardiel, dort war es aber so windig, dass wir das Auto nicht verlassen konnten. Doch die Szenerie erinnerte an Filme, in denen die Apokalypse dargestellt wird. Etwas außerirdisch und durch den Wind wurde es zu einem sehr speziellen Schlafplatz. Wir kochten also im Auto und machten es uns dann gemütlich, mit Blick auf die apokalyptische Landschaft.
Am nächsten Tag ging es dann für erst einmal 70 km über die schlechteste Straße die wir bisher gefahren sind und das muss schon was heißen. Das Motto war „Nicht anhalten oder stehen bleiben“, denn es war alles voller Geröll, Sand und Löchern und wir hatten Angst sonst nicht mehr weiter zu kommen. Doch Polly packt alles, wie wir schon oft feststellten. Nach weiteren 3 h Fahrt näherten wir uns langsam El Chaltén. Das wunderschöne war, dass die Stadt sich vor einer beeindruckenden Bergkulisse aufspannt und wir so ca. 1 Stunde lang dieser Kulisse entgegen gefahren sind. Für uns ist El Chaltén definitiv etwas ganz Besonderes gewesen. Es hatte einen unglaublichen Charme. Die Häuser waren super nett, genauso wie die Restaurants, Bars und Einkaufsmöglichkeiten. Es war der perfekte Ort sich lange in diesem Wanderparadies aufzuhalten. Insgesamt blieben wir knapp eine Woche dort, es gab keinen Tag ohne eine coole Wanderung und einem atemberaubenden Ausblick!
Wir hatten einen super Schlafplatz vor der Stadt mit Blick auf den Fitz Roy, den bekanntesten Berg in dieser Gebirgsformation und einer der bekanntesten Gipfel weltweit. Für viele Kletterer ist er der Olymp! Neben dem hohen Schwierigkeitsgrad ist vor allem die patagonische Wetterküche (alle vier Jahreszeiten sind an einem Tag möglich, gefährliche Windböen!) ein riesen Herausforderung. Die Erstbesteigung des Fitz Roy fand 1952 statt, zu dieser Zeit gab es den Ort El Chaltén noch gar nicht. Dieser wurde erst 1985 gegründet. Der Grund dafür ist skurril: Der Fitz Roy liegt großteils auf argentinischer Seite, teilweise aber auch auf chilenischer. Natürlich wollen beide Staaten den weltweit bekannten Berg für sich nutzen, ordentlich Marketing dafür betreiben, jede Menge Touristen anlocken und natürlich gut Geld damit verdienen. Eine Einigung zwischen Chile und Argentinien gab es nie! Argentinien hatte aber eine recht kluge Idee: Es wird einfach direkt neben Fitz Roy eine Stadt gegründet, die als Ausgangspunkt für sämtlichen Wander- oder Klettertouren auf die Gebirgsformation genutzt werden kann. Super Idee, denn heutzutage wird von mehr oder weniger allen Leute der Berg als argentinischen Touristenattraktion definiert.
Zurück zu unserer Geschichte: Wir trafen in El Chaltén fast alle zuvor schon getroffenen Reisenden wieder. Es fing gleich am ersten Abend damit an, dass wir mit Forrest (dürfte euch aus den letzten Beiträgen bekannt sein) in einer Bar verabredet waren und grade als wir loswollten, rollten die zwei Franzosen mit ihrem T2 Combi auf den Schlafplatz. Die Zufälle waren wieder genial. Die zwei packten schnell alles zusammen und kamen mit auf ein paar gemütliche Bier in der Stadt.
Am nächsten morgen ging es zur Laguna Torre, einem See neben dem Fitz Roy, der Blick auf die umliegenden Berge hatte. Die Wanderung war sehr schön, aber doch auch etwas überlaufen. Auf der Wanderung trafen wir dann zunächst die Franzosen wieder, die etwas ausgeschlafen hatten. Anschließend trafen wir das Holländisch-Australische Paar, Femke und Kyle, was wir zuvor schonmal kurz im Patagonia Park getroffen hatten und dann kam uns noch Forrest entgegen, der mit seinem Kletterkameraden sich auf eine dreitägige Tour in der Bergen vorbereitet hatte und jetzt startete. Es war scheinbar der Treffpunkt für alle und der Start einer super schönen gemeinsamen Zeit. Wir verabredeten uns mit allen für unten auf dem Parkplatz und gingen dann abends zusammen Burger essen und Bier trinken. Es war richtig lustig, denn alle hatten die gleiche Route bisher auf der Reise hinter sich, man hatte sich viel zu erzählen und generell waren die Einstellungen wieder ähnlich.
Am nächsten Morgen machte sich Thomas schon um 6 Uhr auf, um die Wanderung zum Fitz Roy zu machen. Er wollte den ganzen Touristenmassen entgehen und als erster oben sein. Das frühe Aufstehen hatte sich am Ende auch gelohnt. Hanna ging erst gegen halb 10 los und marschierte quasi mit den ganzen anderen Touristen hoch. Nichtsdestotrotz war die Wanderung für uns Beide wunderschön und der Ausblick auf die Bergformation am Ende genial. Das Wetter war ein Traum, genauso wie die ganzen anderen Tage in El Chaltén. Thomas überlegte sich auf dem Rückweg, in der Stadt zwei Flaschen Bier mit zum Schlafplatz zu bringen, um mit den anderen schonmal anzustoßen. Die Franzosen, Elie und Thibault, sowie Femke und Kyle hatten nämlich einen gemütlichen Tag gemacht. So kam Thomas an, traf auf Elie und Thibault und die fingen schonmal an den Tag bei ein paar Drinks ausklingen zu lassen.
Als Femke und Kyle dann gegen halb 5 eintrudelten waren die 2 Liter Flaschen Bier, sowie 3 Flaschen Wein schon erledigt. Spontane Ideen sind halt doch die besten 🙂 ! Die zwei schlossen sich ebenfalls mit einigen Flaschen Bier an. Als Hanna dann gegen 5 eintrudelte, ging die Party richtig los. Jeder sammelte alle Reste zusammen, die noch in den Autos zu finden waren und es wurde ordentlich auf die Reise, das schöne Wetter, das traumhafte Ambiente und die nette Gesellschaft angestoßen. Nach und nach kamen immer mehr Reisende zu unserer Gruppe. Und jeder brachte Nachschub mit. Thomas und Vincent, ein anderer Franzose der mit seiner Freundin Amandine genauso wie alle anderen reiste, gingen um 8 nochmal einkaufen. Am Ende waren wir 7 Pärchen aus ganz unterschiedlichen Ländern. Es war eine super Feier und ein riesiger Spaß. Es gibt so viel zu erzählen, wenn man andere Reisende trifft: Die Motive hinter der Reise, Grenzübergänge, Polizeikontrollen oder die wildesten Puma-sehen oder nicht sehen-Phantasien.
Am nächsten Morgen war keine Zeit für einen Hangover und so machten wir uns mit Elie und Thibault sowie Vincent auf die nächste Wanderung. Es ging zum Pliegue Tumbado, dem Aussichtspunkt von dem man über die ganze Bergszenerie schauen konnte. Die Wanderung war anstrengend, was entweder an der Hitze (wir hatten bald jeden Tag über 30 Grad) oder dem doch noch vorhandenen Restalkohol lag. Abends beschlossen wir jedenfalls etwas Gemütliches zu starten und gingen bestes Argentinisches Steak essen. Ansonsten waren wir alle erledigt von der wilden Feierei und gingen früh schlafen.
Denn am nächsten morgen wollten wir alle zusammen nach El Calafate fahren. Doch der T2 von Elie und Thibault wollte nicht anspringen. Die zwei waren Kummer gewöhnt und so waren die Sorgen zu Beginn noch relativ gering. Sie kannten sich mittlerweile mit den Spinnereien des Autos aus und wechselten die Zündkerzen, luden die Batterie auf und säuberten Schläuche. Doch Sonicou, so heißt ihr Auto, wollte nicht starten. Also schoben wir es alle zusammen in die Stadt zu einem Mechaniker. Der kannte sich aber mit dem Motor nicht aus und wollte nicht helfen. So probierten die zwei den ganzen Tag lang alles aus, was sie über den Motor und seine Probleme wussten. Doch am Ende des Tages wollte Sonicou immer noch nicht weiterfahren. Wir warteten alle den ganzen Tag und vertrieben uns die Zeit mit Eisessen und die Sonne geniessen, was nicht zu schlecht war. Abends entschieden wir dann noch eine Nacht zu bleiben und die Franzosen am nächsten Tag nach El Calafate, was 250 km entfernt lag, zu ziehen, da es dort einen Combi Mechaniker gab. Wie ihr seht hat nicht nur Polly hin und wieder Bauchschmerzen 😉