Auf in ein neues Land, auf nach Uruguay, nach Montevideo. Wir landeten nach gerade einmal 1,5 Stunden Flugzeit in der Hauptstadt. Den Flug verbrachten wir plaudernd mit Hannas Sitznachbarn, dem Uruguayer Heime. Ein 75 jähriger Professor der Physik, der seit 40 Jahren in Brasilien lebt und arbeitet und schon öfters mit der Uni Osnabrück zusammen gearbeitet hat. Aber nicht seine Karriere als Professor oder sein Interesse an Deutschland und uns wird uns in Erinnerung bleiben, sondern die Tatsache, dass er grade den Flieger in seine Geburtsstadt nahm, um sein Leben komplett zu verändern. Er holte dort nämlich seine 96 Jährige Mutter ab, die ab jetzt in Brasilien mit ihm leben sollte. Diese Frau, die 96 Jahre in Montevideo gelebt und nun niemanden mehr dort hat, der sich kümmern kann, lässt ihr altes gewohntes Leben zurück und wandert nach Brasilien aus. Die Begeisterung Ihrerseits war verständlicher Weise relativ gering, und auch wir wurden Zeuge der Tatsache, dass es doch ein anstrengenderes Unterfangen war. Nach 4 Tagen in Montevideo trafen wir Heime zufällig wieder und er sah so aus, als hätte er doch einige schwierige Diskussionen in den letzten Tagen geführt. Die 3 riesigen Koffer waren aber gepackt und so wurde dann das Experiment gestartet. Umzug in ein fremdes Land, mit anderen Kulturen und Lebensweisen und einer anderen Sprache- und das mit 96 Jahren. Respekt! Was doch alles möglich ist, wenn da ein Wille ist!?
Montevideo hat uns, genauso wie unsere erste uruguayanische Bekanntschaft, total begeistert. Die Stadt umfasst ein drittel aller Einwohner Uruguays mit ca. 1 Millionen, erschien uns aber doch verhältnismäßig ruhig und sortiert. Die Straßen waren ordentlich, die Architektur zum Teil noch aus dem 18. Jahrhundert erhalten und es gab ein riesiges Plus, dass man nicht an jeder Straßenecke auf sich und seine Wertsachen aufpassen musste. Die Unterkunft war ebenfalls eine totale Bereicherung. Gleich in der Altstadt gelegen, dem Solís Theater gegenüber und mit Deckenhöhen von 5 Meter ausgestattet. Das Inventar war gefühlt noch von 1950 aber wir fühlten uns fast wie zu Hause. Heime gab uns im Flieger noch einige Tips in punkto Essen und Trinken mit und so zogen wir gleich nach der Ankunft los. Wir haben schon gewusst, dass Uruguay bekannt ist für Fleisch und guten Wein, aber was wir am Ende dort entdeckt haben, hat uns begeistert. Das Fleisch bester Qualität wurde auf riesige Grillagen gelegt, die durch echte Holzkohle angefeuert wurden. Eine wahnsinns Konstruktion und ein fantastisches Ergebnis auf dem Teller. Thomas war fasziniert und das wäre wahrscheinlich jeder Mann bei diesem BBQ. Ab nun an wurde also täglich nur noch Fleisch und Tannat, der bekannteste Rotwein des Landes, konsumiert. Ein Lieblingsort von uns war definitiv der „mercado puerto“ in der Altstadt. Dort gab es ca. 15 Parillas, die sogenannten Grillhäuser, im inneren des Marktes. Durch Zufall und Glück wählten wir am zweiten Tag gleich das Beste aus. Wir waren am Ende so oft dort, dass wir sogar vom Besitzer Joaquim mit Handschlag begrüßt und verabschiedet wurden 😀 .
Eine weitere kulinarische Spezialität lernten wir an unserem letzten Abend kennen. Dort gab es auf einem Platz in der Altstadt ein Fest, wo ca. 30 ausgewählte Restaurants 3-4 Speisen für kleines Geld anboten. Das Flair, dass durch die Umgebung entstand, war zum wohlfühlen und hätte tatsächlich genauso auch in Berlin stattfinden können. Natürlich hatte Joaquim auch einen Stand dort und freute sich wieder uns zu sehen 😉 .
Uns zog es in den Tagen in Montevideo öfters ins Museum. Ja auch wir sind kulturell unterwegs 😉 . 1972 gab es einen Flugzeugabsturz in den Anden, wovon das Museum handelt. Es war eine uruguayanische Rugbymanschaft, die zu einem Freundschaftsspiel von Montevideo nach Santiago (Chile) sich auf den Weg machte, aber dort leider nie ankam. Das Flugzeug stürzte über den Anden zwischen Mendoza (Argentinien) und Santiago ab. Am Ende überlebten 15 der 45 Insassen und hinter den 72 Tagen Überlebenskampf bei bis zu -30 Grad und auf bis zu 6000 m Höhe steckt eine Wahnsinns Geschichte. Wir empfehlen also allen, entweder mal einen Abstecher ins Museum nach Montevideo zu machen 😉 oder einfach die Dokumentation „Das Wunder der Anden“ sich anzuschauen. Auch das Fussballmuseum im Stadion „Estadio Centenario“ war sehr interessant. Es gab Zeitungsartikel aus dem Gründungsjahr von 1930 und unzählige Pokale. Das Stadion war das erste WM Stadion überhaupt und Uruguay gewann dort die erste Weltmeisterschaft.
Neben den ganzen kulturellen Ausflügen lernten wir die Stadt und seine äußeren Bezirke auch auf dem Fahrrad kennen. Wir liehen uns für 8€ am Tag die Drahtesel aus und fuhren entlang der Straße Rambla, die 27km an der Küste entlang führt. Die Ordnung in der Stadt und vor allem das Treiben entlang der Rambla erinnerten uns immer wieder an europäische Großstädte, die Grünanlagen waren total gepflegt, die Bauten waren sehr modern und Sport wurde auch überall getrieben. Das waren für uns total neue südamerikanische Eindrücke nach Brasilien. Es schien hier einfach alles etwas besser zu funktionieren, ob wirtschaftlich, finanziell oder auch in Punkto Bildung und Sicherheit.
Kinder bekommen in Uruguay zum Beispiel zur Einschulung einen Laptop vom Staat geschenkt. Dies hat zum einen den Zweck an den online Kursen der Schule teilzunehmen und zum anderen die Online Welt kennen zu lernen, was heute ohnehin ein Muss ist. So weit entwickelt ist da ja nicht mal Deutschland oder Österreich 😉 .
Ein sehr bedeutender Wirtschaftszweig Uruguays, der total gepflegt wird, ist der Tourismus. So bekommen Touristen in Uruguay, wenn sie mit Kreditkarte bezahlen, und das geht eigentlich überall, 18% Nachlass auf Restaurants, Hotels und Lebensmittel. Ein tolles Prinzip für Reisende und das macht sich tatsächlich auch fürs Land positiv bemerkbar. Es kommen mehr Touristen und die, die kommen, fühlen sich sicher und sehr wohl.
Schlussendlich waren wir leider nur 5 Tage in Uruguay. Wir glauben, dass Uruguay ein versteckter Schatz in Südamerika ist. Es wird oft übersehen und aufgrund der fehlenden Attraktionen ausgelassen, aber am Ende ist Uruguay aufgrund seiner liebenswürdigen Art auf jeden Fall eine Reise wert. Wir nahmen am Ende unserer Montevideo Reise den Bus nach Colonia del Sacramento und dann die Fähre über den Rio de la Plata und starteten somit das Kapitel unseres dritten Landes in Südamerika – Argentinien.
Und nun nochmal die geographische Übersicht: